Schulkinder schreiben
Wenn die Schulanfänger einer Klasse beginnen, sich einen der neuen
Buchstaben anzueignen,
brauchen sie unterschiedlich viel Zeit, um ihn gut und sicher schreiben
zu können.
Da liegt es nahe, den Schreiblehrgang zu individualisieren und jedes Kind
in seinem eigenen Tempo vorankommen zu lassen. Und das ist möglich,
weil das gesamte Pensum im Heft ausgewiesen ist.

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Solche Individualisierung hat aber auch erhebliche Nachteile.
Darum empfehle ich eine Differenzierung mit dem Prinzip „Beförderung“.
Der neue Buchstabe wird mit allen Kindern in der Buchstabentafel
aufgesucht,
betrachtet und diskutiert, in seinen Form-Bewegungs-Elementen mit
anderen verglichen
und dann von allen Kindern gleichzeitig auf der Schiefertafel, alternativ
auf rauem Papier,
so lange geübt, bis er ihnen leicht und sicher von der Hand
geht.
Jedes Kind hat die Aufgabe, selbstständig herauszufinden,
wie seine Buchstaben den Vorbildern möglichst genau entsprechen.
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Die Lehrerin geht unter den Kindern herum, beobachtet, erklärt,
zeigt, lobt, korrigiert ...
und sammelt immer mal wieder die Aufmerksamkeit aller Kinder auf
die große Tafel,
wenn sie dort etwas zeigen und erklären will, was alle mitbekommen
sollen:
„Schaut mal: Das hab ich bei einem von euch gesehen. Warst
du das?“

Wenn ein Kind sicher genug geworden ist, schiebt sie ihm leise
sein Heft hin.
Nun darf und kann es – vielleicht nach einer kleinen Ruhepause
– auf dem Papier schreiben:
Die Standardaufgabe, die nun zuverlässig gelingt. Es braucht
die Lehrerin nicht mehr.
Sie kann sich intensiver um die Kinder kümmern, die noch Mühe
haben.
Wer seine Heftseite fertig hat, kann in die Freiarbeit gehen.
Die anderen dürfen bei der Schreibaufgabe bleiben, bis sie
sie bewältig haben und wissen:
Das kann ich jetzt auch!
Wiederholt sich dieser Ablauf bei jedem neuen Buchstaben, brauchen die
Nachzügler
immer weniger zusätzliche Zeit. Sie holen auf, weil sie mehr üben.
Sie halten das durch, weil sie erleben,
dass sie dranbleiben müssen, bis sie fertig sind.
Sie halten durch, weil sie erleben,
dass sie nicht zurückgelassen werden.
Sie halten durch, weil sich die Anspannung am Ende jedes Mal im Gelingen
auflöst
und die Erinnerung an das Wohlgefühl, das damit verbunden ist,
beim nächsten mal lockt und tröstet.

Die Hausaufgabe, die sich anschließen sollte, ist nun gut vorbereitet
und kann selbstständig erledigt werden, am besten in einem Regenbogenheft
(rau) vom Troxler-Haus.
Darin zu schreiben ist die nächste Beförderungsstufe.
Die Hausaufgabe dient dem Überlernen, das bei allen motorischen Fertigkeiten
nötig ist, damit sie nicht wieder verloren gehen.
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